Henschel & Sohn, Kassel
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Firmen-Geschichte

Georg Christian Carl Henschel gründete 1810 die Henschel-Werke in Kassel. Sein Sohn Carl Anton Henschel errichtet 1837 ein zweites Werk am Holländischen Platz in Kassel, hier wird am 29. Juli 1848 die erste Lokomotive ausgeliefert. Diese wird an die 1844 gegründeten Kurfürst-Friedrich-Wilhelms-Nordbahn geliefert, an der sich Henschel durch den Kauf von Aktien beteiligte. Sehr schnell spezialisiert sich Henschel auf den Lokbau und kann durch die hohen Stückzahlen von der Einzelfertigung auf Serienfertigung mit firmenintern genormten Bauteilen übergehen.

Das Werk in Kassel gehört um die Jahrhundertwende 1900 zu einem der größten Lokomotivwerken Deutschlands und wird 1920 in eine GmbH umgewandelt. Mit der Wirtschaftskrise übernimmt Henschel 1928 die DRG-Lokomotivquoten von der R. Wolf AG (1,45 %), 1930 zusammen mit Krupp zu gleichen Teilen die Quoten von den Linke-Hofmann Werken (6,2 %) sowie 1931 die der HANOMAG (9,45 %). Fast wäre die Geschichte der jetzt als größter Lokomotivhersteller Europas geltenden Firma zu Ende gewesen, denn durch die wirtschaftliche Krise war schon die Schließung des Werkes zum Ende des selben Jahres angekündigt worden. Diese konnte jedoch abgewendet werden und die Produktionszahlen steigerten sich in den folgenden Jahren wieder.

Das Werk war im II. Weltkrieg natürlich eines der wichtigsten Ziele von Bombenangriffen und wurde fast vollständig zerstört. Erst 1948 werden wieder Lokomotiven gebaut, 1961 übernimmt Henschel teilweise die Diesellokfertigung der Maschinenfabrik in Esslingen, ab 1962 ist Henschel eine Aktiengesellschaft. 1964 übernehmen die Rheinischen Stahlwerke die Aktien der Henschel AG, fortan firmiert man unter der Bezeichnung "Rheinstahl Henschel AG". 1969 wird der Diesellokbau der Klöckner-Humboldt-Deutz AG in Köln-Deutz übernommen. Die Rheinstahl AG selbst geht 1976 in die August Thyssen-Hütte AG ein, nun nennt sich das Werk in Kassel "Thyssen Henschel". Zusammen mit ABB (ehemals BBC, Mannheim) wird 1990 die "ABB Henschel AG" mit Sitz in Mannheim gegründet. In Folge der wirtschaftlich bedingten Konzentrationsbestrebungen vereinbaren ABB und die deutsche Daimler-Benz AG 1995 den weltweiten Zusammenschluß ihrer Bereiche "Verkehrstechnik" unter der Bezeichnung ABB Daimler Benz Transportation Adtranz. Damit verschwand am 1. Januar 1996 der Name Henschel endgültig als Lokhersteller.

Seit 1. Mai 2001 gehört das einstige Henschelwerk in Kassel zu Bombardier Transportation.

Nach Zustimmung der EU-Kartellbehörden übernimmt Alstom zum 29. Januar 2021 die Bahnsparte von Bombardier.

 

Produktionszahlen

Zu den bedeutesten Lokomotiven aus Kassel zählt die 1898 gelieferte weltweit erste Heißdampflokomotive. 1905 wurde die erste elektrische Lokomotive gebaut, 1910 die erste Henschellok mit Vergasermotor. Der erste Versuch zum Einstieg in den Bau von Großdiesellokomotiven durch die 1925 gegründete "Öllokomotiven-GmbH" im Zusammenschluß mit Humboldt und der Motorenfabrik Deutz AG mißlingt, es wird nur eine Lok gebaut. Henschel beschränkt sich nach dem Ende dieser Zusammenarbeit 1928 auf kleine Rangierlokomotiven, die aber in den 1930er Jahren in größerem Umfang gebaut werden. Bis zum Ende des II. Weltkriegs werden vor allem Dampflokomotiven weiterentwickelt, darunter solche Baureihen für die DRG wie die 02, 19, 52 mit Kondensationstender und Stromlinienlok 61 001. Nach dem Krieg beginnt der Strukturwandel, der Dampflokbau endet 1955. Jetzt werden vermehrt elektrische Lokomotiven (z.B. BR E 41 und E 03), große Diesellokomotiven (z.B. DE 2500) wie auch Rangierlokomotiven gebaut.

Die Zahl der gelieferten Lokomotiven ist bei der großen Anzahl der bis jetzt gebauten Lokomotiven nicht genau zu ermitteln, sie wächst außerdem ständig durch den Bau weiterer Maschinen. In der vorliegenden Liste, basierend auf den Aufzeichnungen von Dipl.-Ing. Schmeiser, Angaben von Adtranz und Notizen mehrerer Eisenbahnfreude, zählt der Computer zum Beispiel über 2.000 Kessel. Lücken gibt es aber kaum noch, vollständig bekannt sind auch die Dieselloks, die bis 1951 in einer separaten Gerätnummer-Liste geführt wurden. Damit ergibt sich folgendes Bild für die Anzahl der bis Dezember 2023 gebauten Lokomotiven, wobei sich eine gewisse Abweichung durch derzeit im Bau bzw. Auslieferung befindliche Lokomotiven ergibt. Die höchste Fabriknummer des heutigen Alstom-Werk in Kassel ist zu diesem Zeitpunkt die FNr. 35812, eine Traxx P160 AC3 für Israel Railways:

StückzahlBemerkung
35.812
höchste vergebene Fabriknummer (Stand: Dezember 2023)
-33
frei, nicht belegt
-6
storniert, nicht geliefert
-168
noch offen bzw. in den letzten 15 Jahren noch nicht belegt
-39
Umbauten
-51
gebaut von anderen Hersteller (Borsig, WLF, Energie)
-2.295
Kessel
-135
Tender
-76
eigenantrieblose Schneeschleudern bzw. Schneepflüge
-1
Aggregat
+20
doppelt belegte Fabriknummern
+2.279
höchste vergebene Fabriknummern in der DG-Lieferliste
-1.000
DG-Lieferliste beginnt mit FNr. 1.001
-33
ohne Lieferangaben in der DG-Lieferliste
34.274
in Kassel ab 1848 bis Dezember 2023 nachweislich gebaute Lokomotiven

Henschel bzw. das Werk in Kassel ist heute die älteste Lokomotivfabrik in Deutschland, gleichzeitig wurde hier die größte Stückzahl an Lokomotiven gebaut.

 

Quellen

  • Dipl.-Ing. Schmeiser: Lieferliste Henschel & Sohn, Kassel
  • Henschel-Lieferunterlagen der "DG"-Motorlokomotiven
  • Wolfgang Messerschmidt, Siegfried Kademann: "Henschel Lokomotiven von 1848 bis heute", Steiger Verlag, Moers, 1985
  • Prof. Siegfried Kademann: "150 Jahre Lokomotiven aus Kassel", LOK Report, Münster, 1998
  • Peter Zander: "Henschel-Lokarchiv" (Lieferliste), HEBA-Historisches Eisenbahnarchiv, Kassel, 2009


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© Jens Merte