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Am 1. Oktober 1891 gründete Charles E.L. Brown und Walter Boveri in Baden (Schweiz) die AG Brown, Boveri & Cie., kurz BBC. Beide Gründer hatten bereits umfangreiche Erfahrungen auf dem Gebiet der elektrischen Kraftübertragung bei der Schweizer Maschinenfabrik Oerlikon erworben, denn dort war Brown Chefelektriker, Boveri war Leiter der Montageabteilung.
Die erste Lieferung von Bahnfahrzeugen waren 1896 Straßenbahnen für Lugano in Drehstromtechnik. Im selben Jahr wird die Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM aufgenommen. Als Zweigwerk wird am 15. Juni 1900 das Werk in Mannheim-Käferthal eröffnet, ab 1908 werden auch hier für Schienenfahrzeuge elektrischer Ausrüstungen entwickelt und gebaut. Weitere Werke, die sich mit dem Schienenfahrzeugbau beschäftigten, waren die Österreichische Brown-Boveriwerke AG, Wien, und die Tecnomasio Italiano Brown Boveri in Mailand TIBB.
Die ersten Triebwagen entstanden in Zusammenarbeit mit der Elektrizitätsgesellaft Alioth AG, Münchenstein (Schweiz), Cie. Electro-Mecanique, Le Bougel/Seine sowie der Vereinigte Elektrizitäts- und Maschinenfabrik AG, Budapest. Mit Alioth, welche 1895 aus der 1881 gegründeten Basler Fabrik Bürgin & Alioth für elektrotechnische Produkte hervorgegangen war, schliesst BBC 1910 eine Interessengemeinschaft ab und übernimmt die Werkstätten in Münchenstein 1913. In diesem Werk werden bis 1968 Schienenfahrzeuge montiert.
Das Werk Mannheim liefert die elektrische Ausrüstung u.a. für Hohenzollern, Jung, MAN und nach dem II. Weltkrieg besonders an Krauss-Maffei, Henschel und MaK. Neben Triebwagen mit elektrischer Ausrüstung folgen später die ersten Transport- und Grubenlokomotiven.
Bekannt wird das Unternehmen aber durch die Ausrüstung von technisch richtungsweisenden Vollbahnlokomotiven. Für die Badische Staatsbahn liefert man schon 1913 elektrische Lokomotiven, Aufsehen erregen auch die Fahrzeuge für die DRG wie z.B. der DRG-E 244 11 für den Versuchsbetrieb mit 50 Hz auf der Höllentalbahn 1935 oder auch die Bundesbahn DE 2500 (DB 202 002), die 1970 in Zusammenarbeit mit Henschel entstand.
Am 4. Januar 1988 schließt sich BBC mit der schwedischen Asea-Gruppe zur "Asea-Brown-Boveri ABB" zusammen, die aber bereits 1990 durch den Zusammenschluß mit Thyssen zur "ABB Henschel AG" umbenannt wird. Letztendlich fusioniert diese Unternehmensgruppe am 1. Januar 1996 mit der "AEG - Daimler-Benz AG" zur "ABB Daimler-Benz Transportation Adtranz". Diese gehört wiederum seit 2001 zum Bombardier-Konzern, ab 2022 dann zu Alstom. In dem Werk in Mannheim werden heute noch elektrische Ausrüstungen, Klimaanlagen und Zugsteuerungen für Triebwagen und Lokomotiven gebaut.
In Mannheim werden ab 1908 die ersten Transport- und Grubenlokokomotiven geliefert, wobei nicht sicher ist, ob auch der mechanische Teil bei BBC in Mannheim gebaut wurde. Die Produktpalette der ausgerüsteten Fahrzeuge reicht von kleinen Grubenlokomotiven über schwere Transportlokomotiven für den Tagebau, ebenso wie moderne dieselelektrische Rangierlokomotiven für Werkbahnen und natürlich Straßenbahn- und U-Bahn-Triebwagen sowie elektrische Rangier- und Streckenlokomotiven für verschiedene Staatsbahnen.
Die erhaltene BBC-Lieferliste beginnt mit der Fabriknummer 700 und wurde mit der Übernahme der Firma Alioth um 1913 begonnen. Bis dahin hatten Brown Boveri 300 und Alioth ca. 350 elektrischen Fahrzeuge gebaut (bekannt sind 358 Triebwagen und 26 Lokomotiven), was grob gerechnet die Start-Fabriknummer 700 ergibt. Die bis 1913 gebauten Fahrzeuge haben aber offensichtlich keine Fabriknummern erhalten.
Die in Mannheim gebauten Erzeugnisse erhielten ab 1924 Fabriknummern ab 5000 ff. Die letzte bekannte Fabriknummer des Werks in Mannheim ist die 5772, Baujahr 1966. Davor wurden die Fabriknummern "gemischt" vergeben, die Werke in Baden/Schweiz, Mannheim und Italien reihten ihre Lokomotiven in eine gemeinsamme Liste ein. Überschneidungen und Lücken sind nicht auszuschließen, so daß keine konkreten Angaben zu der Anzahl der in Mannheim gebauten bzw. ausgerüsteten Lokomotiven möglich ist. Auch nach 1966 wurden in Mannheim Lokomotiven ausgerüstet, jedoch sind keine Fabriknummern oder Stückzahlen bekannt.
Neben elektrischen Fahrzeugen baute man in Mannheim nach dem I. Weltkrieg auch zwölf Dampflokomotiven vom Typ pr. G 12, wobei die Kessel von der Landmaschinenfabrik Lanz & Co. in Mannheim stammten. Ursprünglich sollten diese Maschinen von Karlsruhe gebauten werden. Es blieben die einzigen bei BBC gebauten Dampflokomotiven.
Die Fabriknummern ab 5000 wurden übrigens auch für das Werk Baden in der Schweiz und TIBB in Italien blockweise vergeben und da auch die 12 Dampflokomotiven aus Mannheim 5000er-Fabriknummern erhalten haben sollen, sind die Fabriknummer 5001-5012 gleich drei mal vorhanden! Im Werk in der Schweiz werden seit etwa 1984 keine Fabriknummern mehr vergeben, im italienischen Werk TIBB dagegen wurde noch in den 1990ern die Fabriknummer 7857 vergeben.
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